Malteser in NRW gedenken der Opfer der Flutkatastrophe und danken den Helfenden

Gedenkandacht der Malteser in NRW in Sankt Ursula in Köln. In der voll besetzten Kirche hatte jeder eine brennende Kerze vor sich. V.r.n.l.: Magnus von Canstein, Daniel Flohr, Cara Graafen, Ina Löllgen. Fotos: Malteser/Klaus Schiebel
Gedenkandacht der Malteser in NRW in Sankt Ursula in Köln. In der voll besetzten Kirche hatte jeder eine brennende Kerze vor sich. V.r.n.l.: Magnus von Canstein, Daniel Flohr, Cara Graafen, Ina Löllgen. Fotos: Malteser/Klaus Schiebel
Malteser Regionalleiter NRW, Rudolph Herzog von Croÿ, begrüßt die Gäste. Die anschließende Gesprächsrunde mit Innenminister Herbert Reul wurde moderiert von Landes- und Regionalgeschäftsführerin Dr. Sophie von Preysing und Kai Vogelmann, Pressesprecher der Malteser in NRW.
Malteser Regionalleiter NRW, Rudolph Herzog von Croÿ, begrüßt die Gäste. Die anschließende Gesprächsrunde mit Innenminister Herbert Reul wurde moderiert von Landes- und Regionalgeschäftsführerin Dr. Sophie von Preysing und Kai Vogelmann, Pressesprecher der Malteser in NRW.
Innenmister Reul und Ralf Unterstetter, Stadtbeauftragter der Malteser in Euskirchen sowie technischer Leiter des Rettungsdienstes im Kreis, der aus der Flutnacht berichtet und einen Einblick in den Einsatz seiner Malteser Gliederung gibt.
Innenmister Reul und Ralf Unterstetter, Stadtbeauftragter der Malteser in Euskirchen sowie technischer Leiter des Rettungsdienstes im Kreis, der aus der Flutnacht berichtet und einen Einblick in den Einsatz seiner Malteser Gliederung gibt.
Der Präsident des Malteser Hilfsdienstes, Georg Khevenhüller, bei seiner Ansprache in der Kölner Kirche Sankt Ursula.
Der Präsident des Malteser Hilfsdienstes, Georg Khevenhüller, bei seiner Ansprache in der Kölner Kirche Sankt Ursula.
Zum Festakt im Kölner Maternushaus durften wegen Corona nur 100 Helferinnen und Helfer sowie Repräsentanten kommen. (Foto: Malteser)
Zum Festakt im Kölner Maternushaus durften wegen Corona nur 100 Helferinnen und Helfer sowie Repräsentanten kommen. (Foto: Malteser)

Rudolph Herzog von Croÿ, Regionalleiter und Landesbeauftragter NRW, begrüßte in einer kurzen Ansprache die Gäste. Neben dem Innenminister von Nordrhein-Westfalen waren der Präsident des Malteser Hilfsdienst e.V., Georg Khevenhüller, und der Vizepräsident, Albrecht Prinz von Croÿ, gekommen. Insgesamt 100 Einsatzkräfte, die im Juli im Fluthilfe-Einsatz rund um die Uhr Tag und Nacht im Einsatz waren, und Repräsentanten der Diözesen hatten sich auf den Weg nach Köln gemacht. Mehr waren aufgrund des Hygiene-Konzeptes nicht erlaubt. Damit auch die, die keinen Platz mehr bekommen hatten, online teilnehmen konnten, übertrug die SoCura die Veranstaltung als Livestream ins Intranet.

Nach einer Schweigeminute zur Erinnerung an die verstorbenen Opfer und Helfer, die Betroffenen und Einsatzkräfte der Flutkatastrophe, begann um kurz nach 18 Uhr eine Dialogrunde. Die Moderation übernahmen Landes- und Regionalgeschäftsführerin Dr. Sophie von Preysing und Kai Vogelmann, Pressesprecher der Malteser in NRW. Sie fragten zunächst den Innenminister, wie er die ersten Stunden der Flut und die Tage danach erlebt hatte. 

Minister lobt hervorragende Arbeit

Er sei, wie viele andere auch, von der Dramatik und dem Ausmaß der Katastrophe überrascht worden, sagte Herbert Reul. Für viele Zuhörer war erstaunlich, wie unumwunden der Minister von vorn herein zugab, dass die Verwaltung in den Landratsämtern und anderswo auch Fehler gemacht habe. Das müsse aufgearbeitet werden. Zunächst gehe es aber darum, den vielen Betroffenen zu helfen. Und dann müsse auch über Konsequenzen und ebenso über Reformen im Katastrophenschutz nachgedacht werden. Reul betonte, Kritik an den Hilfsorganisationen oder deren Helfern sei unberechtigt. Er danke ihnen für die hervorragende Arbeit und versicherte den Anwesenden, er stehe selbst für alles gerade, was nicht geklappt habe.

Betroffene wollen wahrgenommen werden

Dann riefen die Moderatoren Augenzeugen sowie Helferinnen und Helfer aufs Podium, die über ihre Erlebnisse und Gefühle im Einsatz berichteten. Im ganzen Raum verteilt standen 21 großformatige Fotoportraits von Menschen im Schlamm, die ihr Hab und Gut verloren hatten. Der Fotograf Nady El-Tunsy schilderte, wie sehr den Fotografierten daran gelegen sei, dass ihr Schicksal öffentlich wahrgenommen, gesehen werde. 

Aus dem Erzbistum Köln vermittelte Ralf Unterstetter, Stadtbeauftragter der Malteser in Euskirchen und technischer Leiter des Rettungsdienstes im Kreis, den Zuhörern einen Eindruck von den sich in der Flutnacht überstürzenden Ereignissen im Kreisgebiet und dem Einsatz seiner Malteser Gliederung. „In Bad Münstereifel wurde auch unsere Rettungswache zerstört“, sagt er. „Unsere Kolleginnen und Kollegen konnten aber sich und die Rettungsmittel noch rechtzeitig in Sicherheit bringen und damit weiterarbeiten.“ Mit einem Rettungswagen auf Unimog-Basis haben die Helferinnen und Helfer so lange Menschen aus den reißenden Fluten evakuiert, bis es für sie selbst zu gefährlich wurde.

Die Malteser Helferin Astrid Wolf aus Geilenkirchen berichtete, wie sie am 14./15. Juli nach vielen Stunden im Fluthilfeeinsatz in ihrem Haus schließlich selbst zum Opfer der Überschwemmung wurde und gerettet werden musste. Cara Graafen, stellvertretende Beauftragte aus Eschweiler, war gerade aus dem Urlaub zurückgekommen und sollte eigentlich eine Malteser Fortbildung durchführen. Doch die Flut machte einen Strich durch diese Pläne. Mit den fortschreitenden Ereignissen übernahm sie – obwohl dafür nicht ausgebildet - immer stärker das Einsatzmanagement ihrer Gliederung, unter anderem, weil ihr Handy noch funktionierte.

Menschen mit schlotternden Knien betreut

Zum Schluss schilderte Frank Waldschmidt, Leiter des Malteser Teams für die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Kreis Euskirchen, seine Erlebnisse aus der Flutnacht. Wenn man einmal eine Überflutung infolge Regens mitgemacht habe, sagte er, höre man den Regen anders. In dieser Nacht habe er den Regen anders gehört. „Zu Beginn sollte ich im Auftrag einer anderen Hilfsorganisation eine Todesnachricht überbringen“, berichtete Waldschmidt. „Doch ich kam nicht mehr aus meinem Dorf heraus. Die Straße war überschwemmt. Ich musste anrufen!“ Später habe er in einer Sammelstelle im Ort Flutopfer mit schlotternden Knien in Unterhose nur mit einem Plastikbeutel in der Hand betreut. Sie waren in dieser Nacht zweimal beinahe ertrunken. Sein Bericht erschütterte die Zuhörer und überzeugte den Innenminister. Er versprach spontan Unterstützung für die aktuellen Bedürfnisse der PSNV in der verwüsteten Region.

Andacht in Sankt Ursula

Die anschließende Andacht in Sankt Ursula wurde durch Kölner und Aachener Malteser gestaltet. Pfarrer Markus Polders, Diözesanseelsorger der Malteser im Erzbistum Köln und Pastoralreferent Christian Hohmann, Diözesanseelsorger in Aachen, zelebrierten den Gottesdienst. In der voll besetzten Kirche hatte jeder eine brennende Kerze vor sich. Von den Maltesern in der Stadt Köln übernahmen der Stadtbeauftragte Dr. Lukas Preußler und Ehefrau Daniela den Ministrantendienst und Michael Nikolai fungierte als Fahnenträger. Die Lesung trug Magnus Freiherr von Canstein, Diözesanleiter der Malteser im Erzbistum Köln, vor. Die Fürbitten hielten neben ihm Cara Graafen sowie Pfarrer Polders, Ina Löllgen und Daniel Flohr ebenfalls aus dem Erzbistum Köln. Pastoralreferent Hohmann predigte über die Angst und das Flehen zu Gott, wenn einem das Wasser bis an die Kehle reiche. Er zitierte einen alten Psalm aus der Bibel und fragte rhetorisch: „Wie kann Gott denn solches Leid zulassen?“ Als Christ müsse man aber die Gebrochenheit des Lebens aushalten, die Kreuzerfahrung als Teil des Lebens annehmen. Er bat die Malteser, mit ihm dafür zu beten, dass die Menschen eine gerechte Lebenschance erhielten. Prof. Dr. phil. Franziskus von Heereman und seine Gattin Elisabeth haben den Gottesdienst mit Liedern zur Gitarre und Violine stimmungsvoll musikalisch umrahmt.

Dank für heldenhaften Einsatz

Am Ende der Andacht dankte Präsident Khevenhüller den Einsatzkräften in einer kurzen Ansprache für ihren heldenhaften Einsatz im Flutgebiet. Anders könne man das, was die Helferinnen und Helfer alles geleistet hätten, gar nicht beschreiben. Sie hätten dem Wahlspruch der Malteser „weil Nähe zählt“ in dieser Zeit noch einmal nachdrücklich Bestätigung verliehen.

Gegen 21 Uhr endete die würdige und gelungenen Gedenkfeier. Aber die Teilnehmenden standen noch lange in kleineren und größeren Gruppen vor der Kirche und unterhielten sich. Es war nach langer Zeit die erste Malteserveranstaltung mit so vielen Menschen. Viele hatte sich wegen Corona monatelang nicht getroffen. Zuvor hatten alle Gäste nachweisen müssen, dass sie geimpft, geheilt oder getestet waren. Erstaunliches Ergebnis: Alle waren zweimal geimpft.
 


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